Peter Schmitt, Physiotherapeut im Pater-Rupert-Mayer Zentrum

Peter SchmidWir können eine Behinderung nicht wegbehandeln oder wegtherapieren. Wir erarbeiten mit den Schülern, wie sie am besten mit ihren Handicaps im Alltag zurechtkommen.

Ich komme aus einer Familie, in der viele soziale Berufe vertreten sind. Auch für mich stand immer fest, dass ich mit Menschen arbeiten werde. Nach einem ursprünglich anderen Berufswunsch habe ich 1986 mit der Ausbildung zum Physiotherapeuten begonnen. Im Blick hatte ich damals eine Tätigkeit in einer Klinik oder einem Reha-Zentrum. Eine eigene Praxis war nie mein Ziel und so habe ich das erste Jahr nach der Ausbildung in einer Reha-Einrichtung gearbeitet.

Seit vielen Jahren arbeite ich im Pater-Rupert-Mayer-Zentrum, einem Förderzentrum für Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen in der Motorik oder einer Körperbehinderung. In unserem Zentrum besuchen sie die Schule und Fachkräfte unterschiedlicher Disziplinen fördern und begleiten sie individuell.

Unserer Therapieabteilung im Haus ist gut aufgestellt. Dort arbeiten mehr als 30 Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen Ergo-, Logo- und Physiotherapie zusammen. Davon sind fast die Hälfte Männer. Zwei der Therapeutinnen bieten therapeutisches Reiten an. Sie haben sich zu Hypotherapeutinnen weitergebildet. Wir Physiotherapeuten arbeiten hauptsächlich in den Fachbereichen Pädiatrie, Orthopädie und Neurologie mit den Kindern und Jugendlichen. Die meisten der jungen Menschen sind durchgängig vom Kindergarten bis zu ihrem Schulabschluss bei uns.

An meiner Arbeit schätze ich die Nähe im Umgang mit den Kindern. Besonders gut gefällt mir, – und das zeichnet die Arbeit in einem Förderzentrum aus – dass wir die jungen Menschen über einen langen Zeitraum begleiten und miterleben dürfen, wie sie sich entwickeln. Viele kleine Erfolge reihen sich da aneinander und die Kontakte zu Kindern und Eltern reichen oft über die Zeit in der Einrichtung hinaus. Wer wie ich arbeiten möchte, der braucht Freude an der Begegnung mit Menschen und Geduld. Denn manche Entwicklungsschritte zeichnen sich langsam und erst mit der Zeit ab. Aber sie sind natürlich da und das ist es, was unsere Arbeit hier im Förderzentrum so befriedigend macht.

Die Therapieinhalte werden individuell auf den Patienten zugeschnitten. Mit Jugendlichen sprechen wir das ab und stellen gemeinsam Ziele auf. Bei Muskelkranken beispielsweise wollen wir ganz klar die Beweglichkeit und die Sitzfähigkeit erhalten. Andere wieder, die relativ fit sind, haben Therapieeinheiten im Fitnessraum und wir arbeiten am Kraftaufbau. Unser Zentrum bietet da vieles. Wir haben Lauf- und Schwimmgruppen und trainieren Fußball. Es ist gut, wenn wir Therapeuten durchschnittlich sportlich sind und eine Liebe zur Bewegung haben.
Einer Sache müssen wir uns allerdings bewusst sein: Wir können eine Behinderung nicht wegbehandeln oder wegtherapieren. Wir erarbeiten mit den Schülern, wie sie am besten mit ihren Handicaps im Alltag zurechtkommen.

Ich erinnere mich an eine Schülerin, die schon sehr früh eine Querschnittlähmung und Halbseitenlähmung hatte. Gemeinsam lernten wir, wie sie sich nachts im Bett selbst umdrehen und ihre Position verändern kann. Das war ein riesiger Fortschritt, denn die Mutter musste nachts nicht mehr aufstehen. Von dieser kleinen Entwicklung profitierte schließlich die gesamte Familie. Das war wirklich ein Schlüsselerlebnis für mich: Eine scheinbare Kleinigkeit hat so große Alltagsrelevanz. Dafür muss man in meinem Beruf ein Gespür bekommen: auch die kleinen Fortschritte richtig einzuschätzen. Was für uns banal erscheint, hat für körperlich behinderte Kinder und Jugendliche oft eine große Bedeutung.

Peter Schmitt ist 49 Jahre alt und arbeitet als Physiotherapeut im Pater-Rupert-Mayer Zentrum, ein Förderzentrum für Kinder und Jugendliche mit körperlicher Behinderung und motorischen Einschränkungen, in Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V.